Christine Seidensticker

SCHATTENFLIMMERN

 

In verhangenen Wolken

verwahrt der Himmel seine Tränen

gespeichert in Molekülen

wohnt dort alle Zeit

 

traurige Wehmut

ist ein plötzliches Eintauchen

ein Greifen in Nebelschwaden

beim Öffnen der Hand offenbart sich

 

nichts, was nicht wurde versteckt sich

in den Zwischenzeilen des Untertons

im hinteren Winkel einer Herzkammer

 

gefühlte Erinnerung schattiert

das Wort perlt bittersüß

im Spätsommerregen.

 

 

WINTERHAUT

 

Eine Dunkelheit aus Pappmaché

umhüllt das Innere: die Winterhaut

Schatten auf Schatten 

klein verkleistert in uns. Im Nirgendwo

einer Nacht fallen wir

ausgehungert in walisische Blickwechsel

halten in Stille aufeinander zu, halten

abwechselnd den Lettern ausweichend

unseren Atem noch

auf dem Nachhauseweg.